Vor etwa einem drei Viertel Jahr fiel mir im Buchladen meines Vertrauens ein preisreduziertes Mängelexemplar des japanischen Bestsellers mit dem verführerischen Titel „Magic Cleaning“ in den Schoß. Auf der Suche nach Lektüre für den Sommer nahm ich das Buch kurzerhand mit. Um Ratgeber und Büchern zur Lebenshilfe habe ich bislang einen großen Bogen gemacht, irgendeine Stimme in meinem Kopf war jedoch entschlossen sich vom ersten, esoterisch-anmutenden Eindruck nicht beirren zu lassen. Und so entwickelte sich aus dem Zufallsfund ein ganz neues Lebensgefühl, von dem ich euch jetzt, einige Monate später erzählen möchte.
Das Buch „Magic Cleaning“
Das gut 200-Seiten starken Taschenbuch ist unterteilt in fünf grundlegende Kapitel, welche wiederum in kleinere Kapitel gegliedert sind und aufeinander aufbauend die Philosophie der sogenannten „KonMari-Methode“ für „richtiges Aufräumen“ Schritt für Schritt erklärt und an Beispielen belegt. Der Ton hierbei ist typisch asiatische freundlich, aber sehr bestimmt und radikal. In vielen Bereichen etwas zu radikal würde ich sagen. Aber dazu komme ich später noch mal. Das Buch lässt sich sehr leicht und angenehm runterlesen. Es motiviert auf Anhieb, selbst die Ärmel hochzukrempeln und die eigenen Problemstellen in der Wohnung in Angriff zu nehmen. Es ist ganz klar, dass man nicht alles so wie geschrieben für sich übernehmen kann, so realistisch sollte man schon bleiben bei so einer Art von Lektüre. Vielmehr empfehle ich, sich die Taktiken und Methoden rauszupicken, die zu einem passen und die man selbst umsetzten kann. So habe ich es gemacht und so habe ich ein ganz neues Verhältnis zu Gegenständen und Aufräumen an sich bekommen.
Was ich in Sachen richtiges Aufräumen gelernt und übernommen habe
Beim Aussortieren der Gegenstände wird ein gnadenloses Urteilsvermögen gebildet. Jeder Gegenstand wird einzeln in die Hand genommen und begutachtet. Kriterium für’s Behalten eines Gegenstands: „Macht dieser Gegenstand mich glücklich?“. Ja richtig gehört, wir behalten nicht Dinge, die wir brauchen, sondern nur solche die uns gegenwärtiges Glück schenken. Dazu zählen keine Gegenstände, die wir aus nostalgischen Gründen aufgehoben haben, weil sie uns ehemals glücklich gemacht haben oder irgendwelche zweifelhaften Erinnerungen darstellen. Sätze wie „Eigentlich ist es viel zu schade zum Wegwerfen“ oder „Die sind doch noch gut“, sind keine Argumente! Nach dieser Theorie lässt sich der eigenen Besitz auf ein Drittel oder gar Viertel reduzieren, was etliche gefüllte Müllsäcke und genau so viel neue Luft zum Atmen mit sich bringt!
Ein bisschen kritisch wird diese Methoden, wie schon angemerkt, bei Papierkram, Dokumenten oder anderen Dingen, die wir Unwissenden unser ganzes Lebens lang aus Vernunft aufgehoben haben. Ich spreche hier beispielsweise von Anleitungen für Geräte, alte Zeugnisse, Büchern und weiteren Gegenständen, die laut Kondo radikal entsorgt werden müssen. Das ist ganz klar Geschmacksache.
Wie man lernt sich leichter von Dingen zu trennen
Seinen Besitz so drastisch zu verringern, sich selbst wieder wohler und freier in seiner Umgebung zu fühlen klingt erst mal super. Aber so leicht ist es nun mal nicht, sich von einigen Gegenständen zu trennen, sonst hätten wir das ja alle schon getan, nicht wahr? Kondo führt hierfür einen Gedankengang an, der einem tatsächlich den Trennungsschmerz erleichtert. Der Trick besteht darin sich in den Geist zu rufen, welche guten Dienste uns der Gegenstand geleistet hat, uns dafür zu bedanken, den Gegenstand zu verabschieden und sich so im Guten zu trennen. Die alte Lieblingsjeans, die wir so gerne getragen haben, heute aber nicht mehr in Mode ist, nicht mehr passt oder einfach nicht mehr so ganz in Takt ist. Es gibt keinen Grund sie in der Ecke des Schrankes verrotten zu lassen, viel erleichternder ist es sich noch mal alle guten Momente in den Sinn zu rufen und sich anschließend für immer davon zu lösen.
Selbst Gegenstände, mit denen wir unzufrieden sind, die wir nie benutzt haben oder ungeliebte Geschenke haben ihren Dienst getan. In dem Moment, als wir sie gekauft und glücklich nach Hause getragen haben, in dem Moment als wir sie geschenkt bekommen und uns bedankt haben oder in den Moment, in dem wir festgestellt haben, dass wir uns weiterentwickelt haben und sie nicht mehr zu uns passen. Mit diesem Gedanken können wir auch diese Gegenstände mit einem lächelnden Auge entsorgen.
Wie „Magic Cleaning“ mein Leben verändert hat
Was ich nicht direkt nach dem Beenden des Buches, sondern vielmehr Wochen oder gar Monate später gemerkt habe, ich habe einen ganz neuen Bezug zu materiellen Gegenständen entwickelt, was sich nicht nur auf mein Aufräum-, sondern auch auf mein Konsumverhalten ausgewirkt hat. Kurz und bündig gesagt: Materielle Gegenstände bedeuten mir nichts mehr. Natürlich gibt es Dinge, zu denen man einen persönlichen Bezug entwickelt hat, an denen man hängt, die einen berühren. Aber ich brauche keine materiellen Güter mehr um glücklich zu sein, ich muss keine Dinge mehr horten und ich muss keine Dinge kaufen, nur weil sie im Laden stehen und gut aussehen, angesagt sind oder gerade runtergesetzt. Mir sind in den letzten Monaten häufiger Dinge runtergefallen und kaputt gegangen, die ich noch vor einem halben Jahr sofort nachgekauft oder anderweitig versucht hätte zu ersetzten. Heute habe ich die Achseln gezuckt und mich über den neugewonnenen Platz gefreut. Warum soll ich traurig über einen Gegenstand sein, der seinen Dienst getan und nun eben ausgedient hat? Dazu gibt es für mich gar keinen Grund mehr.
Wenn ich also heute Läden betrete und Dinge sehe, die früher sofort einen Kaufreiz ausgelöst hätten, löst das bei mir nun einen gedanklichen Vorgang aus. Ich nehme den Gegenstand gezielt in die Hand, schaue ihn mir von allen Seiten an, beurteile kurz ob mir dieser Gegenstand wann immer ich ihn in meiner Wohnung zur Kenntnis nehmen würde ein Lächeln auf das Gesicht zauberte, und stelle ihn wieder zurück. Nur noch wenige Gegenstände lösen bei mir einen Kaufwunsch aus, weil ich den Platz und das Gefühl nicht an so viele Gegenstände gebunden zu sein mehr schätze, als die Dinge an sich.
Auch Monate später überkommt mich mit schöner Regelmäßigkeit das Gefühl einen großen Müllsack aufspannen und mit unnötigem Kram aus meiner Wohnung füllen zu wollen. Und genau das tue ich dann auch.
Emilie says
Klingt auf jeden Fall interessant… Auf Youtube geistert ja auch seit einiger Zeit das Buch „The Life-Changing Magic of Tidying Up“ herum, das glaube ich auch auf japanischen Grundsätzen beruht. Ich denke das Prinzip, das in beiden Büchern sehr ählich zu sein scheint (habe beide nicht gelesen 😉 ), ist einleuchtend… Meine Wohnung auszumisten ist auf jeden Fall ein großer Vorsatz für den Januar!
Witzigerweise räume ich seitdem ich ausgezogen bin auch nach Kathegorien auf 😉
Liebste Grüße und einen schönen Sonntag,
SaritLovesLife says
Es ist das selbe Buch! Bloß einmal auf Englisch und einmal auf Deutsch! 😉
SaritLovesLife says
Wie eben auf Instagram schon erwähnt, lese ich gerade das 2. Buch dazu. Ich habe es gekauft, weil ich zwar noch während des Lesens des ersten Buchs 4 Müllsäcke voll Klamotten ausgemistet habe, aber weil dann nach Beenden des Buchs der richtige Kick, um nach der KonMari-Methode loszulegen, gefehlt hat und je länger es her war, dass ich das Buch beendet habe, umso weniger konnte ich mich dazu aufraffen, obwohl ich an sich schon Lust drauf hatte, eine aufgeräumte und ausgemistete Wohnung zu haben.
Ich lese nun also das zweite Buch und es ist unter anderem exakt für „solche Fälle wie mich“ geschrieben worden… also für Menschen, die das erste Buch gelesen haben, sich aber doch noch nicht so ganz aufraffen konnten, es umzusetzen. Die Motivation kehrt langsam zurück und ich möchte es im Laufe der nächsten Wochen umsetzen und freue mich sogar drauf!
Was ich aus ihren Büchern nicht übernehmen werde, ist, die Gegenstände zu behandeln, als hätten sie Gefühle! Das finde ich albern. Ich werde mich bedanken, ja, aber ich weigere mich, zu glauben, Gegenstände hätten Gefühle!
Fee says
Schöner Post, mich hat Kleiderkreisel mit dem Minimalismus Gedanken angesteckt und im dazugehörigen Thread ist dieses Buch quasi ein Standardwerk 🙂 Da ich schon soo viel inhaltliches darüber gelesen habe, würde ich es mir aber wohl nicht mehr kaufen.
Alles Liebe,
Fee von Floral Fascination
Sabina says
Klingt interessant! Ich war noch nie der Typ, der massig Gegenstände angesammelt hat. Aber in puncto Pspierkram etc kriege ich es einfach nicht auf die Reihe, alles sofort abzuheften. Ich weiß, es würde viel Stress vermeiden, aber ich schaffe es nicht oO
shalelyhamburg says
Auf jeden Fall interessant, davon zu hören. Ob ich das denn alles so umsetzten könnte, weiß ich nicht.
Liebe Grüße
Jaquelle says
Geht mir momentan genauso… Auch Dinge die in der Schublade sind und nicht gebraucht werden muss ich aussortieren oder in Sachen Körperpflege will ich mich noch weiter reduzieren und weniger kaufen. Bei dekorativer Kosmetik kaufe ich auch nur noch Sachen, wenn ich diese Farbe noch gar nicht besitze ..minimale Farbnuancen sieht ja eh keiner außer mir.
Sophie says
So eine tolle und ausführliche Review!
Bin sehr lange um das Buch herumgeschlichen und werde deinen Post jetzt zum Anlass nehem, es zu lesen:)
Liebe Grüße,
Sophie
http://www.weekdayswithsophie.wordpress.com
eleonora says
Schöner Beitrag! Von der Methode habe ich auch schon öfter gehört bzw. gelesen und ich denke ich werde mir das Buch früher oder später auch zulegen. Ich bin schon seit längerem dabei mich immer mehr von Dingen zu trennen, vielleicht würde mich das Buch motivieren alles ein wenig schneller umzusetzen! Bei Youtube gibt es auch ganz tolle Minimalismus-Videos, da kann man sich auch inspirieren lassen 🙂
Sonnige Grüße,
Eleonora
eleonorasblog.com